Am 01.01.2021 trat die neue Honorarordnung für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) in Kraft. Die Änderung der HOAI hat ihren Ursprung in der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 04.07.2019. Lesen Sie hier den entsprechenden Blogartikel.
Mit seiner Entscheidung hat der Europäische Gerichtshof die in der HOAI geregelten Mindest- und Höchstsätze für europarechtswidrig befunden. Das zwingende Preisrecht der HOAI ist damit hinfällig geworden. Der Gesetzgeber hat nun die Folgen des Urteils vom 04.07.2019 mit der Neufassung der HOAI in Form gegossen.
Die HOAI ist seit Jahrzenten bei Architekten und Ingenieuren ein sehr beliebtes Instrument zur Bestimmung des Honorars sowie des Leistungsumfangs. Sie war bisher für diese Berufsgruppen das verbindliche Preisrecht für Planungsleistungen im Bauwesen.
Vor allem bei der EU-Kommission stand dieses zwingende Preisrecht allerdings in der Kritik, da es gegen die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit der EU verstoßen würde. Daher leitete sie 2016 ein entsprechendes Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein.
Fiktive Mängelbeseitigungskosten versus Leistungsdefizit
Ist die Leistung eines Bauunternehmens mangelhaft, beantragen Bauherr(inn)en oft einen Schadensersatz in Höhe der fiktiven Kosten die bei der Beseitigung der Mängel anfallen würden (fiktive Mängelbeseitigungskosten), ohne aber den Mangel tatsächlich zu beseitigen. Mit dieser bisher gängigen Praxis ist nach der Entscheidung aus Februar 2018 nun Schluss.
- Der Besteller, der das Werk behält und den Mangel nicht beseitigen lässt, kann im Rahmen eines „kleinen Schadensersatzes“ gegen den Unternehmer seinen Schaden nicht nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten bemessen.
- Der Besteller hat grundsätzlich weiterhin das Recht, Vorschuss zu fordern, wenn er einen „kleinen Schadensersatz“ verlangt hat. Dies gilt nur, wenn er den Mangel tatsächlich beseitigen will.
- Auch im Verhältnis zum Architekten kann sich die Höhe eines Zahlungsanspruchs nicht auf die fiktiven Mängelbeseitigungskosten stützen.
BGH, Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17
Ausführungen zu den Neuregelungen – Teil 2
c) Anordnungsrecht und Vergütungsanpassung:
Für eine Vergütungsanpassung im Falle von Anordnungen nach § 650b BGB gelten die Entgeltberechnungsregeln der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure in der jeweils geltenden Fassung, soweit in Folge der Anordnung zu erbringende oder entfallende Leistungen vom Anwendungsbereich der Honorarordnung erfasst werden.
Im Übrigen ist die Vergütungsanpassung für den vermehrten oder verminderten Aufwand aufgrund der angeordneten Leistung frei vereinbar.
Vorrangig sollen also die Vorschriften der HOAI gelten.